Gemäss den Plänen der Eigentümerin, der FAMBAU Genossenschaft, sollen – vorerst mit Ausnahme zweier Blocks ganz im Nordwesten – sämtliche Häuser der Siedlung Meienegg durch neue, vier- bis sechsgeschossige Wohnblocks mit deutlich grösseren und in der Konsequenz auch deutlich teureren Wohnungen ersetzt werden. Die Folgen: Mit dem Abbruch der Meienegg würde nicht nur ein national bedeutendes Denkmal des sozialen Wohnungsbaus verschwinden, ebenso gingen 272 günstige Wohnungen für sozial schwächer gestellte Familien, Alleinstehende sowie Rentnerinnen und Rentner für immer verloren. Gegen diese unsoziale und alles andere als nachhaltige Art der inneren Verdichtung wehrt sich der Berner Heimatschutz entschieden.
Die kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom Architektenehepaar Hans und Gret Reinhard errichtete Meienegg ist eine der besterhaltenen genossenschaftlichen Mehrfamilienhaussiedlungen der Schweiz und die älteste ihrer Art in Bern. Sie gilt als Schlüsselobjekt in der Entwicklung von Bümpliz-Bethlehem hin zum grössten sozialen Wohnbauprojekt der Nachkriegszeit. Das vielfältige Wohnungsangebot mit Ein-, Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen, zwischen denen die Bewohnerschaft je nach Familiensituation hin- und herwechseln konnte, die siedlungsinternen Alterswohnungen, der Kindergarten und der Konsumladen, die den Hausfrauen von damals das Führen des Haushalts massgeblich erleichterten, oder aber die grosszügigen, autofreien Aussenräume, die als Begegnungsorte bis heute die Interaktion von Familien unterschiedlichster Herkunft fördern – alles Ideen, auf die in den Folgejahren bei Grossüberbauungen wie dem Tscharnergut, dem Schwabgut oder dem Gäbelbach immer wieder zurückgegriffen wurde. Folgerichtig weist das Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) der Meienegg «nationale Bedeutung» zu.
Die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (EKD) empfahl der Stadt Bern 2015 in einem von ihr selbst bestellten Gutachten, die Siedlung im Bauinventar von der Kategorie «erhaltenswert» in die Kategorie «schützenswert» aufzustufen. Der Gemeinderat nutzte diese Gelegenheit nicht und beliess die Siedlung in der Kategorie «erhaltenswert» – im Wissen darum, dass die FAMBAU demnächst einen Ersatz der Siedlung wünscht. Schliesslich war es der Gemeinderat selbst, der 2016 mit der FAMBAU eine Planungsvereinbarung zum Abbruch und Neubau der Siedlung unterzeichnete. Das Problematische daran: Als Stadtberner Exekutive ist der Gemeinderat die Aufsichtsbehörde über die privaten Bauherrschaften und hätte in seiner Tätigkeit eigentlich dafür zu sorgen, dass Denkmäler von Privaten gepflegt und erhalten werden. In diesem Fall jedoch liess sich die Berner Regierung vor den Karren der FAMBAU spannen und vertritt seither eisern die Interessen der privaten Bauherrschaft – entgegen der kantonalen Baugesetzgebung und dem Denkmalpflegegesetz.
Beim geplanten Abbruch und Neubau der Meienegg würden grosse Mengen grauer Energie vernichtet, wie sie im gesamten Lebenszyklus eines neuen Gebäudes niemals eingespart werden können. Auch die Herstellung von Beton verschlingt grosse Mengen an Energie. Eine sanfte Sanierung der Siedlung würde dies verhindern.
Am 14. Oktober 2024 legte das Berner Stadtplanungsamt die entsprechende Überbauungsordnung öffentlich auf. Der Berner Heimatschutz wehrt sich gegen diesen Abbruch und wird eine entsprechende Mitwirkungseingabe einreichen. Lesen Sie mehr zum Fall unter www.meienegg.ch.
Siedlung Meienegg, Bern – National bedeutendes Denkmal vom Abriss bedroht
FAMBAU und Stadt Bern planen den Abriss einer der wichtigsten genossenschaftlichen Wohnsiedlungen der Schweiz