Die «Aarebrücke», wie sie im Brückenkataster der Zentralbahn bezeichnet wird, ist das markanteste Brückenbauwerk auf der Linie der Brünigbahn. Rund 1 km östlich des Bahnhofs Interlaken Ost überquert die Linie der Zentralbahn die Aare, unmittelbar am Ende des Brienzersees.
Die Brücke ist Teil der Bahnlinie von Interlaken Ost nach Brienz, die in den Jahren ab 1912 als Schmalspurlinie erstellt und 1916 eröffnet wurde. Die Strecke von Luzern bis Brienz wurde bereits 1887 fertiggestellt.
Die Brücke besteht aus einer Vorlandbrücke, aus gemauerten Natursteinbögen mit zwei Öffnungen, zwei Seitenöffnungen auf der Seite Interlaken und Ringgenberg sowie der Mittelöffnung. Die Seitenöffnungen und die Mittelöffnungen sind genietete Stahlkonstruktionen. Seitlich, unterwasserseitig ist ein Gehweg aus Stahl mit Betonplatten angehängt, der als Fussgängerverbindung von Ringgenberg nach Interlaken dient.
Die malerisch den Ausfluss des Brienzersees fassende Brücke ist ein qualitätvoller Zeuge sowohl der Ingenieurbaukunst des frühen 20. Jh. als auch der Ausbauphase des Oberländer Bahnnetzes. Die vorzüglich genietete Eisenfachwerkbrücke besteht aus einem wuchtigen Hauptträger mit segmentbogenförmigem Überbau und zwei kurzen Vorbrücken mit geradem Untergurt und obenliegender Schwellenlage. Die beiden freistehenden Stützpfeiler, das NO-seitig anschliessende Rundbogenviadukt und die Stirnfläche des Bahndammes in der Gemeinde Interlaken bestehen aus gemauerten Natursteinen aus dem nahe gelegenen Steinbruch Ringgenberg.
Die Brücke erfüllt auch heute eine wichtige Funktion der Infrastruktur. Die Aufgabe an die Projektierenden war, die Brücke für eine weitere Nutzungsperiode von 50 Jahren zu ertüchtigen. Die Eingriffe sollten minimiert werden, aber das Bauwerk muss den heutigen und künftigen Nutzungsanforderungen genügen.
Die Nutzlasten haben zugenommen. Ein exakter Vergleich ist nicht möglich, weil die Lastgrössen und vor allem die Laststellungen (Abstände der Achslasten) geändert haben. Das Verkehrsaufkommen hat sich vervielfacht. Wesentlich geändert hat sich auch das Nachweiskonzept der Tragsicherheit und die Berechnungsmethoden. Damals wurden die Schnittkräfte graphisch ermittelt und ein Plan genügte. Wir ermittelten die Schnittkräfte an einem 3D Computermodell und benötigten für die Nachweise mehrere hundert Seiten.
1912 erfolgte der Nachweis mit zulässigen Spannungen. Diese waren im heutigen Vergleich recht tief. Diese Reserven konnten für die aktuellen Nachweise genutzt werden.
Bei der Erstellung wurde die Brücke statisch, basierend auf den damaligen Normvorgaben berechnet. Seither fand keine Überprüfung mehr statt. Der Projektverfasser rechnete den Brückenträger basierend auf den aktuellen Normvorgaben nach. Er konnte mit dieser Berechnung nachweisen, dass auch mit den heutigen Bahnverkehrslasten die Tragsicherheit für eine zukünftige Nutzung gewährleistet ist. Es waren nur geringfügige Verstärkungen der Anschlüsse der Windverbände notwendig.
Das Erscheinungsbild der Brücke ist auch nach über 100 Jahren Nutzung unverändert, und das Bauwerk erfüllt seine Funktion noch immer ohne Einschränkungen.
Mit der Sanierung wurde sowohl der Korrosionsschutz erneuert als auch das Natursteinmauerwerk instandgesetzt. Beim Korrosionsschutz mussten hohe Umweltauflagen eingehalten werden. Die Farbgebung wurde mit dem Denkmalbeauftragten der SBB an die Ursprungsfarbe angeglichen.
Die Fugensanierungen der Natursteine wurden mit einem Spezialisten erarbeitet. So konnten ähnliche Rezepturen wie bei der Erstellung verwendet werden. Das Bauwerk konnte mit minimalen Eingriffen für eine weitere Nutzungsperiode ertüchtigt und die Tragstruktur erhalten werden.
Autor: Beat Durrer, Ribuna AG
Ort: Ringgenberg / Interlaken
Bauvorhaben: Sanierung Aarebrücke Interlaken
Schutzstufe: schützenswert
Bauzeit: 2009 - 2013
Baukosten: 5 Mio.
Bauherrschaft: zb Zentralbahn AG, Bahnhofstrasse 23, 6362 Stansstad
Ingenieur: Ribuna AG (ehemals Huggler + Porta AG), Kammistrasse 13, 3800 Interlaken