Im Spätmittelalter spielte die Quelle – damals noch unter anderen Namen wie Brunnquelle, Stadtbrunnen, Grosse Quelle und Brunnstube – eine zentrale Rolle bei der Wasserversorgung von Biel. Das frische Trinkwasser der Quelle wurde verwendet, um alle öffentlichen Brunnen der Stadt zu speisen, was für die Bevölkerung von grosser Bedeutung war. Darüber hinaus nutzte man die Kraft des Quellwassers, um mehrere Mühlen anzutreiben. Ihr Wasser umgab die Burg und die Stadt in offenen Wassergräben.
Der Wasser wurde in sogenannten Teuchelleitungen transportiert. Dies sind drei bis vier Meter lange Baumstämme, welche in der Mitte ausgehöhlt und mit Metallringen abgedichtet wurden. Ab dem 16. Jahrhundert durfte die Bevölkerung private Brunnen auf dem eigenen Land errichten und diese dann ans Wassernetz der «Römerquelle» anschliessen.
Bis zum Jahr 1953 wurde Biel ausschliesslich mit dem Quellwasser versorgt, dies zeigt, wie wichtig diese Wasserquelle für die Entwicklung und Versorgung der Gemeinde war. Im Jahr 1865 gab es einen niedrigen Wasserstand, eine günstige Gelegenheit alle mittelalterlichen Teuchelleitungen durch gusseiserne Rohre zu ersetzen.
Die Sicherstellung einer modernen und zuverlässigen Wasserversorgung in Biel wurde durch die Inbetriebnahme des Grundwasserwerks in Gimmiz/Walperswil und später des Seewasserwerks in Ipsach (1975) gewährleistet. Im Jahr 1991 wurde die «Römerquelle» schliesslich aus dem Trinkwassersystem der Stadt Biel entfernt, und die Wasserqualität wird seither nicht mehr von den städtischen Behörden überwacht.
Im Jahr 2017 wurde bei Bauarbeiten ein Stück der Wasserleitungen beschädigt. Der Vertrag zwischen der Stadt und den Wasserbezügern war kurz vor dem Auslaufen und sollte nicht erneuert und die Wasserleitungen nicht mehr repariert werden. Dagegen wehrten sich die Wasserberechtigten. Ein gleichzeitig eingereichtes städtisches Postulat forderte: «Die Römerquelle in geeigneter Weise und in beschränktem Rahmen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ihre Umgebung aufzuwerten, die ganze Anlage durch eine Einzäunung zu schützen sowie Informationen zur Bedeutung der Quelle anzubringen.»
Dank dem Engagement von Politik und Nutzer wurde die Leitung repariert und kann die Römerquelle heute weiterverwendet werden. Seit 2020 wird das Wasser der Römerquelle von der – in der Folge neu gegründeten – Genossenschaft der Brunnenbesitzer genutzt und verwaltet.
Der Name ist nicht zufällig entstanden – bereits 1778, 1810 und 1844 wurden in der näheren Umgebung dieser Quelle römische Münzen entdeckt. Als die Sommerhitze 1846 die Quelle weitgehend austrocknete, wollte man die Gelegenheit nutzen, um Reinigungs- und Bauarbeiten durchzuführen. Der Schacht sollte von Schlamm und Wasserpflanzen befreit und die steile Felswand im hinteren Teil der Grotte ausgebessert werden. Während diesen Reparaturarbeiten wurde von den Bauarbeitern über dreihundert spätrömische Münzen aus der Zeit von Julius Caesar bis Valentinian I. (1. Jh. v. – 4. Jh. n. Chr.) gefunden. Ein Teil der Münzen kann im Neuen Museum Biel betrachtet werden. Der Name «Römerquelle» verdrängte die anderen Bezeichnungen.
Römerquelle, Quellgasse, Biel/Bienne, Treffpunkt bei der Talstation der Seilbahn Biel-Leubringen
Dr. phil. Margrit Wick-Werder, Historikerin, und Henri Neuhaus, Brunnenwart
Berner Heimatschutz, Region Biel Seeland mit Genossenschaft Römerquelle