Das Taunerhaus direkt neben der Kirche von Vinelz war nie ein repräsentativer Bau eines wohlhabenden Bauern. Einfache Taglöhner, sogenannte Tauner, erbauten es aus dem Material, das ihnen gerade zur Verfügung stand.
Der Wohnstock und das Tenn stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Das Gebäude wurde alle paar Jahrzehnte umgebaut und erweitert. Ab der Jahrtausendwende stand es dann leer. Immer wieder stand der Abbruch des Hauses zur Diskussion, bis es 2015 der Stiftung Ferien im Baudenkmal geschenkt wurde. Die neue Eigentümerschaft renovierte das Gebäude und vermietet es nun als Ferienhaus.
In der Regel ist es schwierig, einfache Taunerhäuser gegen einen geplanten Abbruch zu verteidigen, da sie meist bautechnisch und künstlerisch wenig Qualität aufweisen. Aus kulturhistorischer Sicht und für den Dorfcharakter sind solche Bauten jedoch sehr wichtig. Sie machen das Leben und Arbeiten eines Grossteils der damaligen ländlichen Bevölkerung sichtbar, wie es heute für uns kaum noch nachvollziehbar ist.
Vor Beginn der Renovation musste der ursprüngliche Kern des Hauses aus all den Um- und Anbauten herausgeschält werden. Erst dann liessen sich Bausubstanz und Konstruktion beurteilen und die notwendigen Massnahmen festlegen. Wegen der schlichten Bauweise und wiederverwendeten Baumaterialien war die Struktur in schlechtem Zustand und machte teilweise einen Ersatz oder eine Unterstützung notwendig. Das harmonische Zusammenführen der Elemente aus den vielen Bauetappen stellte eine besondere Herausforderung an uns Architekten dar.
Ein Glücksfall für das Taunerhaus ist die Bauherrschaft. Die vorhandene Sensibilität für historische Bauten und das angemessene Raumprogramm ermöglichten einen denkmalgerechten Umgang mit der Bausubstanz. Der Wohnstock wird weiterhin über zwei Holzöfen geheizt, die neuen Holzfenster mit Vorfenstern sind jeweils einfach verglast, und auf aufwändige Installationen oder Dämmungen konnte verzichtet werden. Nutzungen wie Nassräume und Küche, die das heutige Leben bequemer machen, jedoch grosse Eingriffe in das bestehende Bauwerk bedeuten, befinden sich im ehemaligen Tenn. Um dessen originale Wände und Decke sichtbar zu belassen, wurde um das Tenn herum gedämmt. Die ehemalige Tenneinfahrt ist durch zwei raumhohe, verglaste Drehflügeltüren erlebbar, auch die hölzernen äusseren Torflügel lassen sich weiterhin schliessen.
Der im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung ISOS aufgenommene Dorfkern wird durch das instand gestellte und wiederbelebte Taunerhaus aufgewertet.
Das Beispiel zeigt, dass mit einem vernünftigen Raumprogramm und einem sorgfältigen Umgang mit der Bausubstanz auch ein einfaches Taunerhaus renoviert und für die nächste Generation bereitgestellt werden kann.
Salome Ritschard, Ivo Thalmann
Ort Vinelz, Dorfstrasse 12
Bauvorhaben Instandstellung Kleinbauern-/ Taunerhaus (19. Jh.)
Schutzstufe erhaltenswert, K-Objekt
Bauzeit 2019–2020
Bauskosten 750 000 CHF
Bauherrschaft Stiftung Ferien im Baudenkmal
Architekten 0815 Architekten GmbH, Biel / sim Architekten GmbH, Biel