Wertvolle Bauten

So geht Verdichtung

Im Prozess des Planens sind die Prinzipien und Tugenden des Einfachen immer wieder hochzuhalten und in Erinnerung zu rufen. Jede Entscheidung, von der Skizze bis zur Werkstattplanung und den Ausschreibungen muss in aller Konsequenz dem Primat des preisgünstigen Wohnens folgen. (Heinrich Tessenow, deutscher Architekt 1876–1950)

Die Erstellung und Erhaltung von preisgünstigen Wohnbauten sind das zentrale Leitprinzip der Wohnungsbaugesellschaft Langeten AG. Mit einer Komposition aus historischen Altbauten und modernen Baukörper schafft die «Wohnkolonie im Hard» in Langenthal eine Verbindung zwischen modernen Wohnbedürfnissen und einem respektvollen Umgang mit dem historischen Erbe. Die vorhandene Struktur wird in der Verdichtung übernommen und in analoger Sprache weitergeführt.

Geschichte des Gebäudes

Die während und nach den Kriegsjahren (1930-1949) entstandene Wohnkolonie im Hard im Norden Langenthals ist Teil des einflussreichen Werks des Architekten Hector Egger.

Ein wertvolles Gebäude

Die Anlage aus je 4 und 6 identischen Häusern besticht durch ihre sparsame, materialgerechte Architektur. Reduktion und Bescheidenheit in Materialität und Ausnützung der Landflächen, wohlproportionierte Gebäudeteile und deren Gliederung zu einem räumlich reichhaltigen Ensemble, bilden eine beispielhafte Anlage für «arbeitergerechten», günstigen Wohnungsbau der Nachkriegszeit, die gesamthaft unter Schutz steht.

Veränderte gesellschaftliche Ansprüche führten jedoch dazu, dass die Gebäude immer mehr leer standen und die Selbstversorgungsgärten verwaisten, für den langfristigen Erhalt wurde ein Eingriff unumgänglich.

Besondere Herausforderungen

Die Erstellung und Erhaltung von preisgünstigen Wohnbauten ist das Selbstverständnis der Wohnungsbaugesellschaft Langeten AG schlechthin. Knapp geschnittene Grundrisse auf möglichst kleiner Fläche sind deshalb in der Wohnkolonie im Hard grundlegend um den Bedürfnissen der Bewohner wie auch der Bauherrschaft gerecht werden zu können.

Lösungsweg für die Erhaltung

Der dank des in Langenthal gängigen Workshopverfahrens eingeschlagene Weg bietet dem Vorhandenen Wertschätzung: Teile der Siedlung werden saniert und restauriert, wo eine Verdichtung stattfindet wird das vorhandene strukturell weitergeführt, wo ein Ersatz unumgänglich ist wird eine zum Vorhandenen analoge Sprache gefunden.

So werden im ersten Baufeld vier zweigeschossige Gebäude rückgebaut und durch viergeschossige Neubauten in analoger Sprache und mit deutlich grösserer Wohnungsanzahl ersetzt. An die früher halboffenen Höfe des zweiten Baufelds positionieren sich vier neue zweigeschossige Langhäuser aus Holz.

Das Resultat ist gelungen und überzeugt

Die dichtere Komposition generiert charakteristische, hofartige Aussenräume, welche die Gemeinschaft fördern und erhöht die Vielfalt des Wohnangebots. Schliesslich werden alle weiterbestehenden Gebäude und Aussenräume sanft saniert und für die Zukunft ertüchtigt. Gewisse Abstriche an gängige Komfortansprüche müssen hier notgedrungen akzeptiert werden, dafür ist der durch den Erhalt der Ortsgeschichte entstehende Gewinn für die gesamte Siedlung umso grösser, welche mit dem Namen «Wohnkolonie im Hard» bereits ihre Lebendigkeit wiedergefunden hat. Die Anzahl der Wohnungen kann im neuen Ensemble dank einer Erhöhung der Ausnützungsziffer von 0.34 auf 0.83 von 40 auf 70 Wohnungen erhöht werden, womit das charaktervolle Ensemble auch für die Zukunft gesichert ist. 

Die Wohnkolonie im Hard gewann 2024 die Auszeichnung Berner Baukultur.
 

Ort: Langenthal
Schutzstufe: erhaltenswert
Bauzeit: 2021–2023
Baukosten: CHF 24,8 Mio.
Bauherrschaft: Wohnbaugesellschaft Langeten AG, Langenthal
Architekt: Rolf Mühlethaler Architekten AG, Bern


Text von Matthias Schilling, Mühlethaler Architekten und Beatrice Born, Vizepräsidentin Berner Heimatschutz