Politik und Recht
Der Grosse Rat behandelt die Motion in der nächsten Herbstsession im September 2023. Bild: VBS/DDPS – Urheber Jonas Kambli
Der Grosse Rat behandelt die Motion in der nächsten Herbstsession im September 2023. Bild: VBS/DDPS – Urheber Jonas Kambli

Schutz unserer Baudenkmäler in Gefahr

In der kommenden Herbstsession behandelt der Grosse Rat eine Motion, die den Rechtsschutz zugunsten unserer Baudenkmäler im Kanton Bern erheblich abbauen will. Der kantonalen Denkmalpflege soll das Recht entzogen werden, sich mit Beschwerde gegen Baubewilligungen zu wehren, die den gesetzlich geregelten Denkmalschutz verletzen. Der Berner Heimatschutz lehnt die Motion ab.

Der Vorstoss «Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren im Zusammenhang mit Baudenkmälern» will das Beschwerderecht der Denkmalpflege bei den erhaltenswerten Gebäuden aufheben und auch bei den geschützten Baudenkmälern nur noch bei wenigen, besonders schutzwürdigen Häusern zulassen. Diese Forderung wird den Schutz unserer Baukultur erheblich schwächen, weil den Baubewilligungsbehörden damit faktisch freigestellt wird, ob sie Fachberichte der Denkmalpflege beachten wollen. Eine Überprüfung gesetzwidriger Bauentscheide wäre nicht mehr möglich. Der Rechtsschutz zugunsten unserer wertvollen Baukultur soll so abgebaut werden.

Die Denkmalpflege als Anwalt unserer Baudenkmäler soll zu einem zahnlosen Tiger degradiert werden.

Irreführende Begründung

Stossend ist auch die Begründung für diese Forderung: In Zeiten des Wohnungsmangels gelte es, den Bau von neuem Wohnraum zu fördern und deshalb sei das Beschwerderecht der Denkmalpflege als Hindernis für den Wohnungsbau zu streichen. Die Denkmalpflege soll nun auch schuld sein an der Wohnungsknappheit.

Beschwerderecht stets zu Recht und mit Augenmass eingesetzt

Ein Blick auf die Fakten zeigt, wie falsch und vorgeschoben diese Argumentation ist. Erstens sind im Kanton Bern lediglich 7% der Bauten unter Schutz gestellt und viele davon sind gar nicht dem Wohnen gewidmet (Kirchen, Schulhäuser, Industrie- und Gewerbebauten, Alphütten etc.). Zweitens hat die Denkmalpflege in den letzten 20 Jahren lediglich fünf Beschwerden eingereicht. Vier davon betrafen schwerwiegende Verfahrensfehler, die von den betroffenen Baubewilligungsbehörden umgehend korrigiert wurden. Es ist offensichtlich, dass die Denkmalpflege ihr Beschwerderecht sorgfältig, zurückhaltend und erfolgreich einsetzt. Es gibt keinen Grund, dieses Recht zu beschneiden.

Der Berner Heimatschutz wehrt sich: So geht es nicht!

Einmal mehr wird versucht, die Schutzinteressen gegenüber den Bauinteressen zu schwächen. Die übliche rechtsstaatliche Regel, dass Baubewilligungen überprüft werden können, soll im Bereich der Baudenkmäler ausgehöhlt werden. Auch der Berner Heimatschutz setzt sich dafür ein, dass Baubewilligungsverfahren effizient und gesetzeskonform durchgeführt werden. Das bewährte Beschwerderecht, das der Abwägung zwischen dem Interesse am Erhalt von Baudenkmälern und dem Interesse am Bau neuer Gebäude dient, darf aber nicht preisgegeben werden.

Wir sind überzeugt, dass eine Mehrheit des Grossen Rats die sinnvolle Arbeit der Denkmalpflege anerkennt und den Vorstoss als Motion ablehnen wird. So wie es 2008 die Schweizer Bevölkerung bei der Abstimmung über die Initiative tat, die das Verbandsbeschwerderecht in der Schweiz aufheben wollte. Die Initiative wurde in Bausch und Bogen mit über 66% Nein-Stimmen abgelehnt.

Von Luc Mentha, Grossrat, Präsident Berner Heimatschutz